Akuelle Meldungen

Urteil: Bloße Aufzeichnung von Überstunden reicht nicht!

5.3.2016 | Eine Arbeitnehmerin hatte akribisch Buch geführt und sämtliche Überstunden aufgezeichnet. Am Ende waren es für ein Drei-Jahres-Zeitraum insgesamt 1.057 Stunden. Ihr Arbeitgeber hatte jedoch nur 414 Stunden ermittelt. Das Bundesarbeitsgericht sprach in einem kürzlich veröffentlichten Urteil jedoch nur die Abgeltung für 414 Stunden zu (Urteil vom 23.9.2015, Az. 5 AZR 767/13). Begründung: Die Arbeitnehmerin müsse auch darlegen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen seien. Tipp: Am besten die Einträge durch Arbeitgeber abzeichnen lassen. Oder sich die Anordnung der Überstunden per E-Mail bestätigen lassen.

Sind Leitungskräfte in Pflegeeinrichtungen wirklich "leitende Angestellte"?

24.2.2016 | Es ging in einem Fall aus Mainz darum, ob ein Chefarzt in einer kirchlichen Klinik als "leitender Angestellter" zu gelten hatte. Wenn dem so ist, dann muss die Mitarbeitervertretung (MAV) bei einer Kündigung ausreichend beteiligt werden. Das Bundesarbeitsgericht meinte nun in einem Urteil (22.10.2015, Az. 2 AZR 124/14): Die Tätigkeit eines leitenden Angestellten muss unter anderem von Entscheidungsbefugnissen in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten, insbesondere Personalangelegenheiten, geprägt sein. Das war sie aber nicht. Der Chefarzt war also kein "leitender Angestellter". Und somit war dessen Kündigung mangels ausreichender Beteiligung der MAV unwirksam. Auch für Pflegedienstleitungen (in Alten- und Krankenpflegeeinrichtungen) tritt diese Frage auf. Und auch hier gilt: Es ist eine gewisse "Personalhoheit" notwendig, damit eine Pflegedienstleitung als "leitende Angestellte" gilt. Es kommt also auf den jeweiligen Einzelfall an.

Arbeitgeber darf Browserdaten auf Dienstrechner auswerten

15.2.2016 | Die Nutzung des Dienstrechners war allenfalls in Ausnahmefällen während der Arbeitspausen gestattet. Nachdem der Arbeitgeber Wind davon bekam, dass ein Arbeitnehmer dieses Verbot missachtet hatte, wertete er den Browserverlauf aus und stellte dabei eine unerlaubte Privatnutzung an fünf Tagen in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen fest. Die außerordentliche Kündigung folgte auf dem Fuße. Das Landesarbeit Berlin-Brandenburg hat diese für wirksam erklärt (Urt. v. 14.1.2016, Az. 5 Sa 657/15). Der Arbeitgeber durfte die Daten verwerten, weil das Bundesdatenschutzgesetz dies auch ohne eine Einwilligung des Arbeitnehmers erlaube und der Arbeitgeber keine Möglichkeit gehabt habe, mit anderen Mitteln die unerlaubte Internetnutzung nachzuweisen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen.

Urteil zu Mindestlohn: Anrechnung von Sonderzahlungen, Berechnung von Zuschlägen

28.1.2016 | Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat über die Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn entschieden. Außerdem war die Frage, auf welcher Grundlage Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge berechnet werden dürfen.

Der Entscheidung zugrunde liegt ein arbeitsvertraglich vereinbarter Stundenlohn der Klägerin von weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde. Weiter ist mit der Klägerin - ebenso wie mit zahlreichen weiteren Beschäftigten im Betrieb - im Arbeitsvertrag eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohnes, abhängig nur von vorliegender Beschäftigung im jeweiligen Jahr, vereinbart. Hierzu haben die Arbeitgeberin und der im Betrieb bestehende Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen, d.h. jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung auszuzahlen. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Klägerin von mehr als 8,50 Euro.

Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen, die die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohnes von weniger als 8,50 Euro berechnet.

Hiergegen hat sich die Klägerin gewandt und geltend gemacht, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 Euro zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro sei auch der Berechnung der Zuschläge zugrunde zu legen. Dem ist das Landesarbeitsgericht - unter Hinweis auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen - nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt.

Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Klägerin, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich sei. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam und verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Klägerin.

Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nacharbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 Euro zu berechnen, weil § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer "zustehende Bruttoarbeitsentgelt" vorschreibe.

Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien die vom Landesarbeitsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen zugelassene Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.1.2016, Az. 19 Sa 1851/15

Urteil: Kein Anspruch auf bezahlte Raucherpausen

12.1.2016 | Auch wenn es in einem Betrieb üblich ist, dass er für die Raucherpausen der Mitarbeiter den Lohn weiterzahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der Pausen zu kennen, können die Mitarbeiter nicht davon ausgehen, dass dies auch künftig so bleibt. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) weist auf eine entsprechende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hin.

In dem Betrieb des Arbeitnehmers hatte es sich eingebürgert, dass die Mitarbeiter zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen durften, ohne am Zeiterfassungsgerät ein- und auszustempeln. Dementsprechend zog der Arbeitgeber für diese Raucherpausen auch keinen Lohn ab.

2012 schlossen die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Unternehmen. Hierin wurde unter anderem festgelegt, dass die Raucher - die nur außerhalb des Gebäudes auf einer Raucherinsel rauchen durften - sich für die Raucherpause aus- und wieder einstempeln müssen.

Nachdem ihm sein Arbeitgeber in der Folgezeit regelmäßig Beträge für die Rauchpausen von seinem Lohn abgezogen hatte, klagte der Mann.

Ohne Erfolg. Der Mann hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass nach Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung für Raucherpausen kein Lohn abgezogen würde. Er könne sich auch nicht auf eine sogenannte betriebliche Übung berufen. Bei den rauchenden Mitarbeitern reduziere sich die Arbeitsleistung täglich um rund 60 bis 80 Minuten, wie der Mann selbst angegeben habe. Dass der Betrieb das geduldet habe, ändere nichts daran, dass die Mitarbeiter die Raucherpausen eigenmächtig in Anspruch genommen hätten. Das stelle eine Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar.

Darüber hinaus wiesen die Richter auf die Ungleichbehandlung von Rauchern und Nichtrauchern hin, da den Rauchern zusätzliche bezahlte Pausen gewährt worden seien. Ein "schützenswertes Vertrauen", dass dieser gleichheitswidrige Zustand beibehalten werde, habe nicht entstehen können.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 5.8.2015, Az. 2 Sa 132/15

Arbeitnehmer droht mit Krankschreibung: Kündigung gerechtfertigt!

5.1.2016 | Ein Angestellter wollte kurzfristig einen Tag Urlaub nehmen. Er war an diesem Tag ab 14 Uhr zum Spätdienst eingeteilt. Dreieinhalb Stunden vor Beginn rief er dazu beim Vorgesetzten an. Dieser verwies jedoch an eine andere Stelle. Dort rief der Arbeitnehmer aber nicht mehr an. Stattdessen teilte der dem Vorgesetzten telefonisch zehn Minuten vor Schichtbeginn mit: "Dann gehe ich jetzt zum Arzt".Die daraufhin erfolgte außerordentliche und fristlose Kündigung wurde vom Landesarbeitsgericht Hamm bestätigt (Urteil vom 14.8.2015, Az. 10 Sa 156/15).

Der Vorfall sei ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Die Pflichtwidrigkeit liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen.

Kleine Handgreiflichkeit rechtfertigt nicht unbedingt Kündigung

18.12.2015 | Ein Arbeitnehmer will einen Kollegen zur Rede stellen und packt ihn dazu am Kragen. Nachdem ihn der andere auffordert, sofort loszulassen, geschieht das auch so. Der Mitarbeiter war bereits vorher wegen aggressiven Verhaltens und Unpünktlichkeit abgemahnt worden. Deswegen kündigt der Arbeitgeber aufgrund dieses Vorfalls außerordentlich und fristlos. Zu Unrecht, wie das Landesarbeitsgericht Hamm entschied (Urteil vom 14.8.2015, Az. 13 Sa 576/15). Grundsätzlich stellen Handgreiflichkeiten unter Kollegen zwar einen Kündigungsgrund dar. Im Einzelfall hängt es aber von der Schwere des Pflichtverstoßes ab. Der Angriff hier sei jedoch wenig intensiv abgelaufen, urteilten die Richter. Dem aggressiven Arbeitnehmer kam außerdem zugute, dass er bereits seit dreieinhalb Jahre angestellt war und seiner Frau und zwei Kindern unterhaltspflichtig ist.

Bei Dauernachtarbeit: Lohnzuschlag muss mindestens 30 Prozent betragen

10.12.2015 | Nachtarbeitnehmer haben nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage. Ein Zuschlag in Höhe von 25 Prozent auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen 23 und 6 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden ist in der Regel angemessen. Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30 Prozent. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 9.12.2015, Az. 10 AZR 423/14). Wichtig: Das Urteil greift nur dann, wenn keine tarifvertragliche Regelung anwendbar ist.

Keine Anrechnung eines vorausgegangenen Praktikums auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis

29.11.2015 | Zum 1. August 2013 sollte das Ausbildungsverhältnis beginnen (inkl. dreimonatiger Probezeit). Zur Überbrückung wurde für die davorliegenden Monate ein "Praktikantenvertrag" geschlossen. Der Arbeitgeber kündigte das Ausbildungsverhältnis schließlich am 29. Oktober 2013. Der Azubi war der Ansicht, dass sein Praktikum auf die Probezeit angerechnet werden müsse. Der Arbeitgeber habe sich in dieser Zeit schließlich ein vollständiges Bild von ihm machen können. Die Kündigung sei unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht winkt jedoch ab (Urteil vom 19.11.2015, Az. 6 AZR 844/14).

Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums (auch eines normalen Arbeitsverhältnisses) ist nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Denn: Beiden Vertragspartner sollen mit der Probezeit im Ausbildungsverhältnis ausreichend Gelegenheit haben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich. Und nicht bereits in der Zeit davor.

Auf dem Weg zur Arbeit: Welche Umwege versichert sind

21.11.2015 | Wer auf dem Weg zur Arbeit oder zurück nach Hause einen Unfall hat, erhält in vielen Fällen Hilfe von der gesetzlichen Unfallversicherung. Deren Schutz gilt grundsätzlich für die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. In bestimmten Fällen sind aber auch Umwege versichert. Darauf weist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hin.

"Die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeit muss nicht unbedingt die kürzeste sein", erklärt Sandra Kollecker, Sozialversicherungsrechtsexpertin der BGW. "Es geht hier eher darum, dass man direkt von A nach B fährt und keine Zwischenziele ansteuert. Selbstverständlich darf man dabei auch eine möglichst verkehrsgünstige und sichere Route wählen."

Auch wer eine Fahrgemeinschaft nutzt, die verschiedene Wohnungen und Arbeitsstätten anfährt, braucht keine Angst um den Versicherungsschutz zu haben. "Übrigens muss eine Fahrgemeinschaft nicht zwangsläufig nur aus Berufstätigen bestehen", fügt Kollecker hinzu. "Wenn Eltern ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit zum Kindergarten oder zur Schule bringen, ist dies ebenfalls eine unfallversicherte Fahrgemeinschaft."

Wer dagegen morgens noch schnell zum Bäcker fährt oder nachmittags einen Abstecher zum Supermarkt macht, ist auf diesen Umwegen in der Regel nicht versichert. Denn das Einkaufen gehört zum Privatleben und damit der Weg zum Laden ebenso. "Der Versicherungsschutz ist auf solchen Umwegen zumindest unterbrochen, bis man die direkte Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wieder erreicht", erklärt die Expertin. "Dauert die Unterbrechung des Heimwegs länger als zwei Stunden, so zählt auch der restliche Weg zur Freizeit und ist dann nicht mehr versichert."

Urlaubsdauer bei kurzfristiger Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses

12.11.2015 | Ein Arbeitnehmer kündigt das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2012. Wenige Tage zuvor hatte man aber bereits einen neuen Arbeitsvertrag vereinbart. Dieser begann am 2. Juli 2012. Gut drei Monate später kündigt der Arbeitgeber fristlos. Im Streit stand jetzt lediglich der Urlaub. Dieser wird bei einer Kündigung nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in Geld ausbezahlt. Aber für wieviele Tage?

Das Bundesarbeitsgericht hat nun geurteilt (20.10.2015, Az. 9 AZR 224/14): Jedenfalls in den Fällen, in denen aufgrund vereinbarter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststeht, dass es nur für eine kurze Zeit unterbrochen wird, entsteht ein Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub (hier 26 Tage). Voraussetzung: Das Arbeitsverhältnis endet in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres. Und: Das Arbeitsverhältnis hat mindestens sechs Monate bestanden (Wartezeit nach § 4 BUrlG).

Urlaubsgeld auf Lohn umlegen: Dadurch wird Mindestlohngrenze nicht erreicht!

3.11.2015 | Der Mindestlohn bereitet dem einen oder anderen Arbeitgeber Probleme. Ein "Trick": Man streicht das bisher bezahlte Urlaubs-, Weihnachtsgeld sowie Sonderzahlungen - und schlägt es anteilsmäßig auf den Stundenlohn, der bis dahin unter dem Mindestlohn lag, drauf. Versuchen wollte das ein Arbeitgeber über eine Änderungskündigung. Doch das haut nicht hin, wie jetzt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden hat (2.10.2015, Az. 9 Sa 570/15, 9 Sa 569/15, 9 Sa 591/15, 9 Sa 1727/15) und bestätigte eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin.

Begründung: Jedenfalls das Urlaubsgeld hat keine Lohnfunktion, es sei eine zusätzliche Prämie. Eine Änderungskündigung zur Streichung solcher Leistungen setze voraus, dass andernfalls der Fortbestand des Betriebes mit den vorhandenen Arbeitsplätzen gefährdet sei. Dies konnte das Gericht in den vorliegenden Fällen aber nicht feststellen.

Kündigung einer Schwangeren: Arbeitgeber muss ihr Schadensersatz zahlen!

16.10.2015 | Die Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann eine verbotene Benachteiligung wegen des Geschlechts (§ 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) darstellen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldentschädigung verpflichten. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden (16.9.2015, Az. 23 Sa 1045/15) und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt.

Der beklagte Arbeitgeber hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 Mutterschutzgesetz für unwirksam erklärt, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Beklagte ein weiteres Mal ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.

Durch die erneute Kündigung wurde die Klägerin nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Der Einwand des Arbeitgebers, er habe angenommen, die Schwangerschaft sei bereits beendet, hat das Gericht für unberechtigt gehalten. Es hätten keine Anhaltspunkte für ein Ende der Schwangerschaft vorgelegen; auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den Arbeitgeber stets von dem Fortbestand der Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen.

9.10.2015 | In einem Betrieb hatte sich eingebürgert, dass die Beschäftigten in Raucherpausen gingen ohne sich bei der Zeiterfassung ein- und auszustempeln. Ihnen wurde also auch nichts vom Lohn abgezogen. Wenn nun der Arbeitgeber diese Praxis kippt, dann ist das rechtens. Das hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschieden (Urteil vom 5.8.2015, Az. 2 Sa 132/15). Die Arbeitnehmer haben regelmäßig keinen Anspruch auf Fortsetzung dieser Praxis. Sie können sich also nicht auf "Gewohnheitsrecht" (juristisch: betriebliche Übung) berufen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit weder die genaue Häufigkeit noch die Dauer dieser Pausen kannte.

Pflegemindestlohn: Gilt ab 1. Oktober auch für Betreuungskräfte

30.9.2015 | Ab dem 1. Oktober 2015 gilt der Pflege-Mindestlohn auch für die 45.000 Betreuungskräfte in der teil- und vollstationären Altenpflege. Der Mindestlohn in der Pflegebranche liegt derzeit bei 9,40 Euro im Westen und 8,65 Euro im Osten. Er steigt bis 2017 kontinuierlich auf 10,20 Euro (West) und 9,50 Euro (Ost) an. Darauf weist der Arbeitgeberverband Pflege hin. Er teilt außerdem mit, dass von den insgesamt 45.000 Arbeitsplätzen als Betreuungskraft, die es in den mehr als 13.000 stationären Pflegeheimen geben wird, derzeit bereits mehr als 85 Prozent besetzt worden seien. Die noch etwa 5.000 offenen Stellen könnten zu einem Teil auch an Flüchtlinge vermittelt werden, die die entsprechende Passion mitbringen. Aufgabe der Betreuungskräfte ist es u. a., Betroffene bei alltäglichen Aktivitäten wie z.B. Spaziergängen, Gesellschaftsspielen und Lesen zu begleiten und zu unterstützen.

Außerordentliche Kündigung unwirksam: Versetzung ist vorzuziehen!

23.9.2015 | Leitet ein Anästhesie-Pfleger eigenmächtig die Narkose ein, ohne auf den Facharzt zu warten, so ist das durchaus ein Grund, um der Pflegekraft außerordentlich und fristlos zu kündigen. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Hamm (9.6.2015, 7 TaBV 29/15). Die Richter weisen aber auch daraufhin, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter hätte abmahnen oder an einen anderen Arbeitsplatz versetzen können. In einem Krankenhaus gäbe es durchaus Arbeitsplätze, wo der Mitarbeiter nicht mehr mit Narkosen zu tun habe. Außerdem sei die Pflegekraft seit 24 Jahren tadellos für den Arbeitgeber tätig gewesen.

Verfahren auf dem Weg zur Arbeit: Beschäftigte sind trotzdem unfallversichert!

16.9.2015 | Beschäftigte sind auf dem unmittelbaren Weg von und zur Arbeit gesetzlich unfallversichert. Erforderlich ist allerdings ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem unfallbringenden Weg und der versicherten Tätigkeit. Biegt der Versicherte vom unmittelbaren Weg falsch ab, so ist dies unschädlich, solange er am Fahrziel festhält und den Weg zur oder von der Arbeit durch den (verkehrsbedingten) Abweg nur unwesentlich verlängert. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil das Hessische Landessozialgericht (Az. L 3 U 118/13). Konkret ging es um einen Arbeitnehmer, der wegen eines Staus eine andere Route genommen und sich dann auch noch wegen schlechter Witterung verfahren hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde zugelassen.

Rückkehr aus dem Pausenraum nicht unfallversichert!

3.9.2015 | Selbst wenn der Arbeitgeber einen Pausenraum zur Verfügung stellt und eine Mitarbeiterin von diesem aus ihrer Pause zurückkehrt, liegt kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung vor. Das hat, wie kürzlich bekannt geworden ist, das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden (Urteil vom 16.6.2015, Az. L 9 U 1534/14). Sowohl der Weg in die Pause als auch zurück sei eine rein private Angelegenheit. Das gelte auch für die Klägerin, die bei der Rückkehr aus dem Pausenraum auf der Treppe ausgerutscht war.

Gericht darf Umfang der Überstunden abschätzen!

27.8.2015 | Dieses kürzlich bekannt gewordene Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.3.2015 (Az. 5 AZR 602/13) ist durchaus überraschend. Bislang galt, dass der Arbeitnehmer seine Überstunden nur dann bezahlt bekommt, wenn er sie vor Gericht im Detail belegen kann. Nun haben die Erfurter Richter jedoch entschieden: Steht fest, dass Überstunden auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet worden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für jede einzelne Überstunde nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht den Mindestumfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen.

Mit anderen Worten: Das BAG kommt Arbeitnehmern, die ihre Überstunden nicht akribisch aufgeschrieben haben und deswegen in Beweisnöten sind, etwas entgegen. Es lässt eine Schätzung zu. Immerhin.

Trotzdem ist der Boden schwankend. Besser ist es also, man kann als Arbeitnehmer vor Gericht sämtliche Überstunden mit den entsprechenden Zeiten unter Beweis stellen.

Umkleide- und Waschzeiten als Arbeitszeit?

19.8.2015 | Vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf ging es um die Frage, ob Umkleide- und Waschzeiten vom Arbeitgeber zu vergüten sind (Az. 9 Sa 425/15). Wie man liest, hat das Gericht gestern einen Vergleich vorgeschlagen: Danach sollen die Umkleidezeiten vergütet werden, nicht aber die Zeit, die der Arbeitnehmer für das tägliche Duschen nach der Arbeit benötigt. Das klingt plausibel. Denn die Rechtsprechung erkennt in der Regel Zeiten, die mit Tätigkeiten im Interesse des Arbeitgebers gefüllt sind, als Arbeitszeit an. Dass kann z.B. das Anlegen von Berufskleidung zu Beginn der Arbeit sein. Wenn es vom Arbeitgeber vorgeschrieben und die private Nutzung ausgeschlossen ist. Demzufolge scheint es konsequent, dass das Duschen nach der Arbeit in der Regeln nicht als Arbeitszeit gewertet wird. Es dient wohl vor allem der "Vergnügen" des Arbeitnehmers. Etwas anders wäre dies, wenn die Arbeit eine erhebliche Verschmutzung mit sich bringt oder die Reinigung aus arbeitshygienischen Gründen notwendig ist.

Geriatriezulage nach TV-L muss auch weiterhin bezahlt werden!

6.8.2015 | Ein Arbeitgeber betreibt vorwiegend in Baden-Württemberg 65 Pflegeheime mit ca. 6.500 angestellten Pflegekräften. Auf die Arbeitsverhältnisse ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anwendbar. Umstritten ist die dort geregelte monatliche Zulage in Höhe von 46,02 Euro brutto. Diese fällt an, wenn eine Pflegekraft Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen ausübt.

Das Landesarbeitsgericht Stuttgart hat nun bestätigt, dass diese Geriatrieulage auch weiterhin zu zahlen ist (20.7.2015, Az. 1 Sa 4/15).

Der Arbeitgeber hatte sich dagegen gewandt, weil die in den Pflegeheimen untergebrachten alten Menschen fast ausnahmslos krank seien. Also stünde jedem Altenpfleger die Zulage zu, sofern für das Arbeitsverhältnis der TV-L gelte. Das hat das Landesarbeitsgericht zwar anerkannt, verweist aber darauf, dass der Zweck der Zulage immer noch gegeben sei. Die Rechtsprechung könne nicht einfach aufgrund veränderter Gegebenheiten (Pflegebedürftige werden in Pflegeheimen zunehmend kränker aufgenommen) die Rechtslage ändern. Etwa dass die Zulage nur noch bei schwerst pflegebedürftigen Menschen zu zahlen sei.

Kündigung einer Arzthelferin: Arbeitgeber muss Diskriminierung widerlegen!

30.7.2015 | Die Kündigung einer Arzthelferin ließ eine Diskriminierung wegen des Alters vermuten. Anerkannt ist, dass ein Arbeitgeber dies widerlegen muss. Aber gilt dies auch in einem Kleinbetrieb mit nur fünf Mitarbeitern? Darüber hat soeben das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Eine 63-jährige Arzthelferin erhielt von ihrem Arbeitgeber eine Kündigung wegen anstehender Umsatzeinbrüche im Laborbereich. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiterin "inzwischen pensionsberechtigt" sei. Den anderen vier Kolleginnen, alle jünger als die betroffene Arzthelferin, wurde nicht gekündigt.

Damit liegt zumindest ein Indiz dafür vor, dass die Arzthelferin wegen ihres Alters diskriminiert wurde. Mit ihrer Klage wendet sich die Arzthelferin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einem aktuellen Urteil (23.7.2015, Az. 6 AZR 457/14) klargestellt, dass der Arbeitgeber die Ungleichbehandlung im Prozess widerlegen muss. Gelingt ihm das nicht, dann ist die Kündigung unwirksam. Und das gilt selbst im Kleinbetrieb - in dem der Kündigungsschutz eigentlich erst ab mehr als zehn Vollzeitstellen greift!

Dem Arbeitgeber der Arzthelferin gelang es nicht, den Gegenbeweis anzutreten. Auch nicht mit dem Hinweis, dass die Kündigung freundlich und verbindlich formuliert und dass die Helferin schlechter qualifiziert gewesen sein sollte als ihre vier Kolleginnen.

Arbeitszeitgesetz gilt auch in betreuten Wohgruppen

23.7.2015 | Die Klägerin betreibt als anerkannte freie Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe Wohngruppen mit alternierender Betreuung. Für jede Gruppe sind drei Beschäftigte zuständig, die alternierend etwa sechs Kinder und Jugendliche durchgehend in der Wohngruppe betreuen. Während ein Beschäftigter in der Regel drei bis fünf Tage in Folge in der Wohngruppe wohnt, ist der zweite im Tagesdienst tätig; der dritte hat frei. Ziel des Modells ist es, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in einer familienähnlichen Gruppe mit hoher Betreuungsintensität und gleichzeitiger Kontinuität der Beziehungen zu gewährleisten.

Auch in derartigen Wohngruppen gilt das Arbeitszeitgesetz. Und insbesondere das darin geregelte Verbot, mehr als zehn Stunden arbeiten zu müssen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (VG 14 K 184.14). Von einem Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft sei nur dann auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer mit mindestens einer anderen Person in einem räumlich abgegrenzten Bereich für längere Zeit dergestalt zusammen wohne, dass dies einem Zusammenleben und gemeinsamen Wirtschaften in einem Familienverbund weitgehend gleichkomme. Das sei hier nicht der Fall. Beschäftigte wohnten während der Rund-um-die-Uhr-Betreuung nicht in der Wohngruppe, sondern arbeiteten dort ausschließlich. Das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft sei allein aus der objektivierten Sicht der vom ArbZG zu schützenden Arbeitnehmer zu beurteilen.

Krankenschwester entwendet 8 halbe Brötchen: Kündigung unwirksam!

16.7.2015 | Im Pausenraum eines Krankenhauses in Hamburg wurden im Kühlschrank belegte Brötchen gelagert, welche für externe Mitarbeiter (z.B. Rettungssanitäter) bestimmt waren. Eines Morgens entnahm die Klägerin, eine Krankenschwester, 8 halbe belegte Brötchenhälften dem Kühlschrank, und stellte diese in den eigenen Pausenraum. Dort wurden sie von den eigenen Mitarbeitern verzehrt, jedenfalls eine Hälfte auch durch die Klägerin. Als die Klägerin später zu dem Vorgang angehört wurde, räumte sie diesen umgehend ein, weil ihr eigenes Essen aus dem Kühlschrank gestohlen worden sei. Die Beklagte kündigte fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist. Dagegen wehrte sich die Krankenschwester vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az. 27 Ca 87/15). Mit Erfolg!

Die Richter stellten fest:
1. Die Entwendung geringwertiger Sachen - hier acht belegte Brötchenhälften - kann grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.
2. Auch bei Handlungen, die gegen das Eigentum des Arbeitgebers gerichtet sind, ist eine Abmahnung nicht grundsätzlich entbehrlich. Vielmehr ist in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls eine Prüfung erforderlich, ob durch eine Abmahnung verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Dabei ist zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, ob er bei seiner Vertragspflichtverletzung offen oder heimlich gehandelt hat und wie er - angesprochen auf seine Verfehlung - mit den Vorwürfen umgeht.
3. Die Kündigung einer Krankenschwester nach knapp 23 Dienstjahren, in denen es nicht zu Beanstandungen gekommen ist, weil sie acht belegte Brötchenhälften, die von ihrer Arbeitgeberin für externe Mitarbeiter bereitgestellt wurden, genommen und mit ihren Kolleginnen während ihrer Schicht gegessen hat, ist unverhältnismäßig. Zuvor hätte eine Abmahnung als milderes Mittel und zur Objektivierung der negativen Prognose ausgesprochen werden müssen.

Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht möglich.

Sitzstreik im Chefbüro wegen erfolgloser Gehaltsverhandlung - Kündigung!

9.7.2015 | Nachdem ein Vorgesetzter einer leitenden Angestellten keine Gehaltserhöhung zusagen wollte, verließ diese einfach nicht mehr das Büro. Sitzstreik! So musste erst die Polizei anrücken und die Frau zur Räumung bewegen. Dieses Verhalten rechtfertigt die außerordentliche und fristlose Kündigung, so entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 6.5.2015, Az. 3 Sa 354/14). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer eine Führungskraft mit Vorbildfunktion ist und trotz Deeskalationsversuchen des Arbeitgebers (und auch einer Kündigungsandrohung) den Sitzstreik nicht beendet. Sogar der Ehemann und ein Betriebsrat konnten die Frau nicht zum Aufgeben bewegen ...

Pflegefachmann/-fachfrau: Generalistische Pflegeausbildung soll kommen!

1.7.2015 | Es ist wohl beschlossene Sache: Die Einführung einer einheitlichen Ausbildung für Kinder-, Kranken- und Altenpfleger soll kommen. Laut einem Arbeitsentwurf sollen die bisher unterschiedlichen Ausbildungswege in der Pflege abgeschafft und durch eine generalistische Ausbildung zum Pflegefachmann, bzw. zur Pflegefachfrau ersetzt werden.

Die Ausbildung wird auf drei Jahre angelegt sein, in Teilzeitform auf höchstens fünf Jahre.

Unterstützer dieses Konzepts wollen es erleichtern, dass Pflegekräfte unkompliziert zwischen den Einrichtungen und Zweigen wechseln können. Aber es hagelt auch Kritik. Es sei nicht eine Generalisierung, sondern vielmehr eine Spezialisierung gefragt. Der Altenpflegebereich fürchtet, dass sich bei einer Generalisierung mehr Absolventen für die Krankenpflege denn für die womöglich mühsamere Altenpflege entscheiden würden.

Eine weitere Neuerung: Hauptschüler sollen, selbst wenn sie diese nach zehn Jahren (und mit Quali) verlassen, in Zukunft weitere Voraussetzungen erfüllen. Etwa eine zuvor erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung von mindestens zweijähriger Dauer oder einen staatlich anerkannten Berufsabschluss in einem Assistenz- oder Helferberuf in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer.

Urteil: Ergotherapeutin eines Seniorenheims darf der Urlaub nicht gekürzt werden

7.6.2015 | Eine Ergotherapeutin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes in Elternzeit. Mitte Mai 2012 endete das Arbeitsverhältnis mit dem Seniorenheim. Vom Arbeitgeber wollte sie danach eine Abrechnung und Ausbezahlung (Abgeltung) des Urlaubs für die Jahre 2010 bis 2012. Doch dieser kürzte ihren Abgeltungsanspruch.

Zu Unrecht, wie jetzt das Bundesarbeitsgericht entschieden hat (Urteil vom 19. Mai 2015, Az. 9 AZR 725/13): Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen. Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Damit geben die obersten Bundesarbeitsrichter ihre bisherige Rechtsprechung auf.

Bundesarbeitsgericht: Mindestlohn auch bei Krankheit und Urlaub!

28.5.2015 | Rund um den Mindestlohn ranken sich viele Streitigkeiten. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht über eine Sonderkonstellation entschieden. Betroffen ist davon pädagogisches Personal (Urteil vom 13. Mai 2015, Az. 10 AZR 191/14). Für dieses gilt eine tarifliche Mindestlohnregelung. Arbeitgeber zahlen den dort vorgesehenen Mindstlohn mitunter jedoch nur bei tatsächlich geleisteter Arbeit. Und nicht für Feiertage und Krankheit. Dem hat das Bundesarbeitsgericht jetzt eine Absage erteilt: Das Entgeltfortzahlungsgesetz gebiete, dass auch in diesen Fällen der Mindestlohn bezahlt werden muss. Ein Rückgriff des Arbeitsgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung ist unzulässig. Eine Entscheidung, die auch bei anderen Mindestlohnregelungen, z.B. den Pflegemindestlohn und den allgemeinen Mindestlohn, gelten dürfte.

OP-Krankenschwester kann kaum "selbstständig" sein!

18.5.2015 | Das Landessozialgericht Darmstadt hat entschieden, dass bei einer Fachkrankenschwester im Operationsdienst regelmäßig davon auszugehen ist, dass diese als abhängig Beschäftigte sozialversicherungspflichtig ist. Damit hat das Gericht das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Nach Auffassung des Landessozialgericht ist die klagende Krankenschwester - ebenso wie die anderen festangestellten Pflegekräfte - durch die Einsatzplanung in den Klinikbetrieb eingegliedert. Auch habe sie die von der Klinik gestellte Arbeitskleidung im OP-Bereich tragen müssen.

Im Übrigen sei eine weisungsfreie Tätigkeit als Krankenschwester im Operationsdienst weitgehend ausgeschlossen. So habe die Klägerin die Vorgaben des operierenden Arztes beachten und umsetzen müssen. Ihre eigene Gestaltungsmöglichkeit sei dagegen begrenzt gewesen.

Auch sei sie wie eine Vollbeschäftigte tätig gewesen, so dass sie bereits aus zeitlichen Gründen nicht als selbstständige Unternehmerin habe auftreten können. Sie habe ferner die Leistung persönlich erbringen müssen.

Zudem habe sie kein Unternehmerrisiko getragen, da die wesentlichen Betriebsmittel - Materialien, Geräte, Spezialkleidung von der Klinik gestellt worden seien. Der von der Klägerin angeschaffte PC sowie das Kfz hingegen seien Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. (Urteil des Landessozialgerichts Darmstadt vom 26.03.2015, Az. L 8 KR 84/13)

Alkoholismus: Auch bei Rückfall kann Lohnfortzahlung nicht verweigert werden!

11.5.2015 | Wenn ein Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt, dann kann er - etwas im Falle einer Krankheit - sein Recht auf Lohnfortzahlung verlieren. Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es allerdings suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden. Bei einer Alkoholabhängigkeit handelt es sich um eine Krankheit. Wird ein Arbeitnehmer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, kann nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ausgegangen werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 18.3.2015, Az. 10 AZR 99/14).

Weiterhin Lohn auch während einer Kur?

30.4.2015 | Wenn Arbeitnehmer sich in einer Maßnahme der medizinischen Vor- und Nachsorge befinden, haben sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung - wie im Krankheitsfall. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Träger der Sozialversicherung, zum Beispiel die Krankenkasse, die Maßnahme bewilligt hat und dass diese medizinisch notwendig ist. Das hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen nun zweitinstanzlich bestätigt (Urteil vom 27.3.2015, Az. 10 Sa 1005/14).

In dem konkreten Fall konnte die Klägerin dies für ihre dreiwöchige Kur auf Langeoog jedoch nicht nachweisen. Weder aus dem Schreiben der Krankenkasse noch aus den ärztlichen Bescheinigungen ging hervor, dass die Kurmaßnahme dazu diente, eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder eine sonst drohende Krankheit zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden. Dass sich die Krankenkasse immerhin an den Kosten der Kuranwendungen und an weiteren Kosten wie Unterkunft, Verpflegung und Kurtaxe beteiligt hatte, erachteten die Richter nicht als ausreichend.

Europäischer Gerichtshof zu Anrechnungen beim Mindestlohn

22.4.2015 | Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat aufgrund einer Rechtsstreitigkeit aus Finnland entschieden, welche Lohnbestandteile bei der Ermittlung des Mindestlohnes hinzugerechnet werden dürfen. Das sind nach dem Urteil vom 12.2.2015 (Az. C-396/13) ein Tagegeld und eine tägliche Pendelentschädigung, nicht jedoch Unterbringungskosten und Verpflegungsgutscheine. Außerdem wurde klargestellt, dass der Mindestlohn auch für den Mindestjahresurlaub, bzw. für dessen Vergütung gilt.

Klageverzicht in Aufhebungsvertrag: Klausel kann unwirksam sein!

15.4.2015 | Soll eine Kündigung vermieden werden und wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich "geräuschlos" trennen, so vereinbaren sie meistens einen Aufhebungsvertrag. Darin steht dann häufig auch eine Klausel, mit der der Arbeitnehmer erklärt, auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden (12.3.2015, Az. 6 AZR 82/14), dass eine solche Klausel nicht wirksam ist, wenn der Arbeitgeber die Kündigung gar nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gar widerrechtlich mit einer Kündigung gedroht, dann sind sowohl der Aufhebungsvertrag als auch die Klageverzichtsklausel unwirksam.

Mindestlohn: Keine Anrechnung von Urlaubsgeld und jährlicher Sonderzahlung

7.4.2015 | Wohl eine der ersten Entscheidungen zur Anrechnung von Entgeltbestandteilen auf den Mindestlohn hat das Arbeitsgericht Berlin gefällt (4.3.2015, Az. 54 Ca 14420/14). Danach darf der Arbeitgeber ein zusätzliches Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen. Eine Änderungskündigung, mit der eine derartige Anrechnung erreicht werden sollte, ist unwirksam.

Die Arbeitnehmerin wurde von der Arbeitgeberin gegen eine Grundvergütung von 6,44 EUR je Stunde zuzüglich Leistungszulage und Schichtzuschlägen beschäftigt; sie erhielt ferner ein zusätzliches Urlaubsgeld sowie eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Jahressonderzahlung. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis und bot ihr gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 EUR bei Wegfall der Leistungszulage, des zusätzlichen Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlung fortzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat die Änderungskündigung für unwirksam gehalten. Der gesetzliche Mindestlohn solle unmittelbar die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten. Der Arbeitgeber dürfe daher Leistungen, die - wie das zusätzliche Urlaubsgeld und die Jahressonderzahlung - nicht diesem Zweck dienten, nicht auf den Mindestlohn anrechnen. Eine Änderungskündigung, mit der diese unzulässige Anrechnung erreicht werden solle, sei unzulässig.

Observation eines Mitarbeiters: Nur bei konkretem Verdacht

25.3.2015 | Ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Überwachung eines Arbeitnehmers überträgt, handelt rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Für dabei heimlich hergestellte Abbildungen gilt dasselbe. Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Geldentschädigungsanspruch ("Schmerzensgeld") begründen. In dem konkreten Fall erhielt der Arbeitnehmer 1.000 Euro zurecht. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil v. 19.2.2015, Az. 8 AZR 1007/13).

Rentenalter erreicht: Weiterarbeit in befristetem Arbeitsverhältnis ist möglich

16.3.2015 | Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (Urteil vom 11.2.2015, Az. 7 AZR 17/13): Wenn ein Arbeitnehmer wegen Erreichen der Altersgrenze Rente bezieht, dann rechtfertigt dies allein noch nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Teilzeit- und Befristungsgesetz). Erforderlich ist in diesem Fall vielmehr zusätzlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung der Beklagten dient. Mit anderen Worten: Liegt eine solche Nachwuchsplanung nicht vor, dann ist die Befristung hinfällig und der Rentner arbeitet in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Auch einem Azubi kann wegen eines dringenden Tatverdachts gekündigt werden

5.3.2015 | Ein Bank-Azubi wurde vom Arbeitgeber damit konfrontiert, dass in "seiner" Kasse Geld fehle. Ohne dass der Arbeitgeber diesen Fehlbestand näher bezifferte hatte, wusste der Azubi aber, dass es sich um 500 Euro handelte. Das veranlasste den Arbeitgeber wegen dringenden Tatverdachts zu kündigen. Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht (Urteil vom 12.2.2015, Az. 6 AZR 845/13). Wenn ein dringender Tatverdacht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses objektiv unzumutbar mache, dann sei die Kündigung eines Azubis möglich. Das Gericht hat außerdem entschieden: Es bedurfte keiner vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises auf die mögliche Kontaktierung einer Vertrauensperson.

Bundesarbeitsgericht: Urlaub bei Kündigung

17.2.2015 | Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zum Urlaub im Zusammenhang mit einer Kündigung einmal mehr geändert (Urteil vom 10.2.2015, Az. 9 AZR 455/13) Grund dafür ist vor allem, dass der Europäische Gerichtshof schon vor einigen Jahren eine neue Marschroute vorgegeben hat. Die Auswirkungen sind vor allem für Arbeitgeber wichtig.

Die Konstellation, über die die obersten Arbeitsrichter zu entscheiden hatten, war eigentlich eine ganz normale. Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Oktober 1987 beschäftigt. Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgemäß zum 31. Dezember 2011.

Im Kündigungsschreiben heißt es: Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.

Diese Gestaltung ist für den Arbeitgeber an sich günstig: Wenn die außerordentliche Kündigung nicht hält, was häufig der Fall ist, dann kann immerhin die ordentliche greifen. Für diesen Fall hat der Arbeitgeber dann das Zuckerl, dass er wenigstens keine Urlaubsabgeltung leisten muss. Denn die wäre an sich fällig, weil der (freigestellte) Arbeitnehmer den Urlaub nicht mehr nehmen kann.

Das Bundesarbeitsgericht sagt nun dazu: Nach § 1 Bundesrlaubsgesetz setzt die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Das gilt nun auch im Falle der Kündigung und Freistellung eines Mitarbeiters. Es bedeutet: Ein Arbeitgeber gewährt durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.Das bedeutet also für Arbeitgeber: Gestaltet man die Kündigung wie eingangs dargestellt aus, so empfiehlt es sich, den Kündigungstermin um die noch offenen Urlaubstage nach hinten zu schieben, den Mitarbeiter erst ab dann freizustellen und gleichzeitig das Urlaubsentgelt, also den Lohn, zu zahlen oder vorbehaltlos zuzuerkennen.

Leichtfertige Strafanzeige: Arbeitgeber muss Anwaltskosten des Arbeitnehmers erstatten!

10.2.2015 | Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der Strafanzeige gegen seinen Arbeitnehmer erstattet hat, unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein kann, die Kosten für dessen anwaltliche Vertretung zu übernehmen

Die Arbeitgeberin betreibt ein Werttransportunternehmen, bei dem der Kläger als Fahrer beschäftigt war. Der Kläger hatte einen Geldschein eines Kunden zur Überprüfung seiner Echtheit der Polizei übergeben. Nach Rückerhalt des Geldscheins gab er diesen in einer Filiale der Arbeitgeberin ab, was allerdings nicht quittiert wurde. Als der Kunde später nach dem Verbleib des Geldscheins fragte und der Vorgang nicht nachvollzogen werden konnte, erstattete die Arbeitgeberin Strafanzeige gegen den zwischenzeitlich ausgeschiedenen Kläger, ohne diesen hierzu zu befragen.

Nach Aufklärung des Sachverhalts stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren ein. Der Kläger hatte einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt und verlangte die Erstattung der Kosten von der Arbeitgeberin.

Das Arbeitsgericht Köln hat dem Kläger Recht gegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung der Anwaltskosten verurteilt. Zwar dürfe jemand, der gutgläubig eine Anzeige erstatte, nicht mit dem Risiko eines Schadensersatzanspruches belegt werden, wenn sich der Verdacht später nicht bestätige. Dieser Grundsatz, den das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 1985 aufgestellt hat, gelte im Arbeitsverhältnis jedoch nicht uneingeschränkt.

Im Arbeitsverhältnis bestünden besondere Fürsorgepflichten, nach denen die eine Partei der anderen nicht grundlos Nachteile zufügen dürfe. Die Arbeitgeberin hätte den Kläger im konkreten Fall vor Erstattung der Anzeige befragen und den Sachverhalt auf diese Weise ggf. aufklären müssen. (Urteil des Arbeitsgerichts Köln, Az. 11 Ca 3817/14)

Bei Arbeitgeberwechsel: Kein doppelter Urlaubsanspruch!

3.2.2015 | Wechselt ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr in ein neues Arbeitsverhältnis und beantragt er Urlaub, muss er mitteilen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr noch nicht (vollständig oder teilweise) erfüllt hat. Denn: Gemäß § 6 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Um seinen Urlaub beim neuen Arbeitgeber zu erhalten, kann der Arbeitnehmer eine entsprechende Bescheinigung seines früheren Arbeitgebers vorlegen. Dieser ist nach § 6 Abs. 2 BUrlG dazu verpflichtet, eine solche Bescheinigung auszustellen. Darauf weist das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 16.12.2015 hin (Az. 9 AZR 295/13).

"Freie" Intensivpflegekraft ist nicht selbstständig

21.1.2015 | Immer häufiger werden in deutschen Krankenhäusern Belastungsspitzen im Pflegebereich durch den Einsatz "freier", vermeintlich auf selbständiger Basis arbeitender Pflegekräfte aufgefangen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 26.11.2014 entschieden (Az. L 8 R 573/12), dass jedenfalls auf einer Intensivstation eingesetzte Pflegekräfte dort als - gegebenenfalls befristet beschäftigte - Arbeitnehmer tätig werden und die Klinik daher für sie Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss. Es gab damit einer Berufung der Deutschen Rentenversicherung Bund gegen ein Urteil des Sozialgerichts Köln statt. Ausschlaggebend war die vollständige Eingliederung des klagenden Arbeitnehmers in die organisatorischen Abläufe der Intensivstation, die am Wohl der schwerstkranken Patienten als oberstem Gebot orientiert sein müssten und daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben unterlägen. Die in diesem engen Rahmen möglicherweise gegenüber angestellten Pflegekräften etwas größeren Freiheiten des Klägers reichten nicht aus, von weitgehender Weisungsfreiheit auszugehen, wie sie typisch für einen selbständigen Unternehmer sei. Da der Kläger darüber hinaus nach geleisteten Stunden bezahlt werde, trage er auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko.

BAG: Arbeitnehmer muss bessere Zeugnisnote unter Beweis stellen!

13.1.2015 | Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben "zur vollen Zufriedenheit" erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note "befriedigend". Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute ("stets zur vollen Zufriedenheit") oder sehr gute ("stets zur vollsten Zufriedenheit") Endnoten vergeben werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 18.11.2014, 9 AZR 584/13).

Akuelle Meldungen

Mindestlohn: Bei Minijobbern unbedingt nachrechnen!

4.1.2015 | Auch in Pflegeunternehmen gibt es etliche Minijobber. Da für diese auf jeden Fall ab dem 1. Januar 2015 der allgemeine Mindestlohn (evtl. auch der Pflegemindestlohn gilt), sollte man unbedingt nachrechnen. Wenn nämlich die Grenze von 450 Euro überschritten wird, dann geht der Status als Minijob verloren und es können höhere Sozialbeiträge und Lohnsteuer fällig werden. Darauf weist der Bund der Steuerzahler hin und gibt hier hier weitere Tipps.

Arbeitnehmerin veröffentlicht Pornos von sich:Diakonie darf ihr kündigen!

13.12.2014 | Wie der Nachrichtendienst beck-aktuell berichtet arbeitete eine Frau in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung. Außerdem hat sie Pornofilme und auch -fotos von sich im Internet veröffentlicht. Nachdem ihr Arbeitgeber, ein Unternehmen der Diakonie, sie aufgefordert hatte, das zu unterlassen, wurde die Kündigung erklärt. Das Arbeitsgericht Augsburg bestätigte diese nun (Urteil vom 22.10.2014, Az. 10 Ca 1518-14). Die pornografischen Aktivitäten stünden im Widerspruch zur kirchlichen Sexualethik.

Selfies mit Demenzpatienten: Fünf Pflegekräfte sind ihren Job los!

4.12.2014 | Wie die "ÄrzteZeitung" berichtet hat das Uniklinikum Aachen fünf Pflegekräften den Job gekündigt. Grund dafür: Sie hatten Selfies und auch Videosequenzen von Demenzpatienten ins Netz gestellt. Teils hatten sie die Patienten geschminkt. Neben dem arbeitsrechtlichen Verfahren ermittle auch die Staatsanwaltschaft, so die "ÄrzteZeitung".

Bundesarbeitsgericht: Zusätzlicher Urlaub für Ältere ist keine Diskriminierung

18.11.2014 | Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter angemessen ist, hat der Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsfreiheit. Das hat das Bundesarbeitsgericht gestern entschieden (Az. 9 AZR 956/12).

Im konkreten Fall ging es um Arbeitnehmer in der Schuhproduktion. Diese erhielten ab dem 58. Lebensjahr zwei Tage mehr Urlaub als ihre jüngeren Kollegen. Damit trage das Unternehmen der Tatsache Rechnung, dass die älteren Mitarbeiter bei der körperlich ermüdenden und schweren Arbeit längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer bedürfen.

Pfledienstleitung: Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs bestätigt

11.11.2014 | Eine stellvertretende Pflegedienstleitung soll regelmäßig ca. 15 Minuten vor Dienstschluss das Pflegebüro verlassen haben und gleichzeitig ihre vollständige Anwesenheit während der Dienstschicht notiert haben. Der Pflegedienst hat ihr daraufhin außerordentlich und fristlos gekündigt. Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigung bestätigt (12.8.2014, Az. 14 Ca 3332/13). Interessant: Das Gericht hat in diesem Fall keine Abmahnung verlangt. Außerdem hatte der Pflegedienst derart ausreichend Fakten vorgetragen, so dass sich die Beweislast hin zur Pflegekraft verschoben hatte. Diese konnte den Vorwurf dann aber nicht mehr entkräften. Das Urteil können Sie bei den Rechtsanwälten Dr. Ulbrich & Kaminski hier im Original herunterladen.

Kopftuch im kirchlichen Klinikum: "nicht vereinbar"!

3.11.2014 | Das Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer abweichenden Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen Arbeitnehmerin zu neutralem Verhalten nicht vereinbar. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem richtungsweisenden Urteil entschieden.

Die Klägerin, die dem islamischen Glauben angehört, ist seit 1996 bei der beklagten Krankenanstalt - zuletzt als Krankenschwester - angestellt. Arbeitsvertraglich sind die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) sowie die sonstigen für die Dienstverhältnisse der Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Bezug genommen.

Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 27. März 2006 bis zum 28. Januar 2009 in Elternzeit. Danach war sie arbeitsunfähig krank. Im April 2010 bot die Klägerin schriftlich eine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung an. Dabei teilte sie der Beklagten mit, dass sie das von ihr aus religiösen Gründen getragene Kopftuch auch während der Arbeitszeit tragen wolle. Die Beklagte nahm dieses Angebot nicht an und zahlte keine Arbeitsvergütung.

Mit der Zahlungsklage fordert die Klägerin Arbeitsentgelt wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 23. August 2010 bis zum 31. Januar 2011. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Zwar kann, so die Bundesrichter, einer Arbeitnehmerin in einer kirchlichen Einrichtung regelmäßig das Tragen eines islamischen Kopftuchs untersagt werden, es ist aber nicht geklärt, ob die Einrichtung der Beklagten der Evangelischen Kirche institutionell zugeordnet ist. Zudem ist offen, ob die Klägerin im Streitzeitraum leistungsfähig war. Das Angebot, die Tätigkeit auf der Grundlage eines vom behandelnden Arzt erstellten Wiedereingliederungsplans aufzunehmen, indiziert die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.9.2014, Az. 5 AZR 611/12

Endlich geklärt: Staffelung der Kündigungsfristen ist keine Diskriminierung Jüngerer

27.10.2014 | Eine Baustelle im Arbeitsrecht hat das Bundesarbeitsgericht nun geklärt. Es ging um die Frage, ob eine Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz darstellt. Denn jüngere Arbeitnehmer können alleine aufgrund ihres Alters noch nicht die längeren Kündigungsfristen beanspruchen.

Das Bundesarbeitsgericht sagt aber nun (Urteil v. 18.9.2014, Az. 6 AZR 636/13): Zwar führt die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Die Verlängerung der Kündigungsfristen durch § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB verfolgt jedoch das rechtmäßige Ziel, länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Verlängerung auch in ihrer konkreten Staffelung angemessen und erforderlich. Darum liegt keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vor.

Schwerbehindertenausweis in den Bewerbungsunterlagen reicht nicht

15.10.2014 | Der Kläger hatte sich auf eine Stelle beworben. Weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf war erkennbar, dass er einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 hatte. Später verlangte der Kläger eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), weil er sich wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt sah. Immerhin hatte er seinen Unterlagen einen Schwerbehindertenausweis beigefügt.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber nun entschieden (18.9.2014, Az. 8 AZR 759/13), dass dies nur eine "unauffällige Information" gewesen sei. Dem Kläger half auch nicht, dass er bei einer früheren Bewerbung auf eine andere Stelle (beim gleichen Arbeitgeber) offensiver mit seiner Schwerbehinderung umgegangen war.

Ob das Bundesarbeitsgericht da nicht etwas über das Ziel hinausgeschossen ist? Darf man einfach so tun, als ob der Arbeitgeber den Schwerbehindertenausweis in den Bewerbungsunterlagen überblättert?

Höhere Mindestlöhne in der Pflege sind beschlossene Sache!

2.10.2014 | Am 4. September hat sich die Pflegekommission auf höhere Mindestlöhne für Beschäftigte in der Pflege geeinigt: Ab 1. Januar 2015 soll der Mindestlohn auf 9,40 Euro pro Stunde im Westen und 8,65 Euro im Osten steigen. In zwei Schritten soll er bis Januar 2017 weiter wachsen. Ab 1. Oktober 2015 soll zudem der Kreis derer, für die der Pflegemindestlohn gilt, deutlich ausgeweitet werden: Dann sollen zusätzlich auch die in Pflegebetrieben beschäftigten Betreuungskräfte von dementen Personen, Alltagsbegleiterinnen und -begleiter sowie Assistenzkräfte vom Mindestlohn profitieren.

In Einrichtungen, die unter den Pflegemindestlohn fallen, arbeiten derzeit rund 780.000 Beschäftigte. Dort, wo der spezielle Pflegemindestlohn nicht gilt (zum Beispiel in Privathaushalten), wird ab 1. Januar 2015 der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gelten. Er ergänzt den besonderen Mindestlohn im Bereich der ambulanten, teilstationären oder stationäre Pflege.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird nun auf Grundlage der Empfehlung der Pflegekommission auf dem Weg einer Verordnung den neuen Pflegemindestlohn erlassen.

Der Pflegekommission nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz gehören Vertreter der privaten, öffentlich-rechtlichen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen an. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sind paritätisch vertreten.

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass ab 2015 der flächendeckende Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro gilt.

Arbeitnehmer kann Einsicht in Personalakte nicht auf Dritte übertragen

25.9.2014 | In einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (17.4.2014, Az. 5 Sa 385/13) entschieden, dass das Recht auf Einsicht in die Personalakte dem Arbeitnehmer nur persönlich zusteht. Allenfalls kan er ein Mitglied des Betriebsrats "hinzuziehen". Weder das Betriebsratsmitglied noch z. B. ein Anwalt dürfen aber alleine die Akteneinsicht wahrnehmen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet an der Akteneinsicht gehindert ist, z. B. wegen Krankheit.

Arbeitszeitbetrug: Kündigung trotz langer Betriebszugehörigkeit wirksam

17.9.2014 | Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der sich bei der Zeiterfassung nicht an- und abmeldet, rechtmäßig ist. Dem Arbeitnehmer helfe auch nicht, dass er schon seit 25 Jahren in dem Betrieb beschäftigt war.

Der verheiratete 46 Jahre alte Kläger, der Vater eines Kindes ist, war seit mehr als 25 Jahren im gleichen Unternehmen beschäftigt. Beim Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung über einen Chip bedienen. Ebenso müssen sie sich rückmelden, wenn sie den Produktionsbereich wieder betreten. Der Kläger wurde dabei beobachtet, dass er den Chip in seiner Geldbörse ließ und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor das Zeiterfassungsgerät zum An- und Abmelden hielt.

Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Kläger in 1,5 Monaten so Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten waren bezahlt worden.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt gehalten. Die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmelde. Ein Versehen des Klägers sei ausgeschlossen. Dieser habe bewusst nur so getan, als würde er die Anlage bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals habe dieser gewusst, dass er den Chip erfolgreich abgedeckt hatte. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs nicht zumutbar, nur mit einer Abmahnung zu reagieren. Der Vertrauensbruch wiege schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit. (Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17.2.2014, Az. 16 Sa 1299/13)

Arbeitgeberverband Pflege gegen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag

27.8.2014 | Brandenburg und Niedersachsen planen zurzeit einen Tarifvertrag für die Pflege. Dieser soll für allgemeinverbindlich erklärt werden und damit flächendeckend für alle Pflegeunternehmen gelten. Dagegen hat sich nun der Arbeitgeberverband Pflege ausgesprochen. Sein Argument: Es drohe eine Kostenexplosion. Der Deutsche Pflegerat hält dagegen und weist darauf hin, dass Arbeitsverhältnisse in der Pflege zu gering entlohnt und zusätzlich durch Befristungen und Teilzeitverträge erschwert würden. So sei für die Berufsangehörigen eine verlässliche Lebens- und Karriereplanung nicht möglich, Flucht aus dem Beruf sei vielfach die Folge. In eine ähnliche Richtung geht die Äußerung des Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), gegenüber der "Ärzte Zeitung": Fair verhandelter Lohn müsse eine Selbstverständlichkeit sein.

Bei fehlender Sicherheit: Vorgesetzter haftet auch gegenüber Leiharbeitnehmern

28.7.2014 | Werden Arbeitnehmer vorübergehend einem anderen Unternehmen überlassen, so hat der dortige Vorgesetzte die Pflicht, keine Tätigkeiten zuzuweisen, bei denen mangels berufsgenossenschaftlich vorgeschriebener Schutzmaßnahmen die Gefahr von Gesundheitsschäden besteht. Lässt er die Arbeitnehmer entgegen eindeutiger Sicherheitsbestimmungen ungesichert arbeiten und kommt es dabei zu einem Unfall, kann dies dazu führen, dass der zuständige Sozialversicherungsträger seine unfallbedingt an den Geschädigten geleisteten Aufwendungen vom Vorgesetzten ersetzt verlangen kann. Das hat das Oberlandesgerichts Koblenz entschieden (22.5.2014, Az. 2 U 574/12) und damit in zweiter Instanz den beklagten Vorgesetzten zur Zahlung von insgesamt 942.436,13 Euro verurteilt. Glück im Unglück hat der Vorgesetzte, weil für ihn die Betriebshaftpflichtversicherung seines Arbeitgebers einspringt.

Mehr als 17.000 Dateien heruntergeladen: Kündigung gerechtfertigt!

21.7.2014 | Ein Arbeitnehmer hatte den betrieblichen PC ohne Erlaubnis während der Arbeitszeit für seine privaten Angelegenheiten genutzt. So hatte er 17.429 Dateien, vor allem von Film- und Musikportalen, heruntergeladen. Der Arbeitgeber hatte daraufhin wegen dieser exzessiven Internetnutzung ohne Abmahnung gekündigt. Zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (6.5.2014, Az.: 1 Sa 421/13). Selbst die 21jährigere Betriebszugehörigkeit ändere daran nichts.

Urlaub: Abeltungsanspruch kann vererbt werden

14.7.2014 | Ein Arbeitnehmer starb im November 2010. Bis dahin hatte er 140,5 Tage offenen Jahresurlaub angesammelt. Seine Witwe wollte dafür eine (finanzielle) Abgeltung. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber an die Witwe zahlen muss (Urteil v. 12.6.2014, Az. C-118/13). Mit anderen Worten: Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter. Weiter entschieden die Richter, dass der Anspruch nicht von einem im Vorfeld gestellten Antrag abhängig ist.

Büro nicht geräumt: Ex-Klinikumsmitarbeiter muss 5800 Euro für Lagerkosten erstatten

2.7.2014 | Ein Klinikum hatte privates Eigentum aus dem Büro eines ehemaligen Mitarbeiters (sein Vertrag war nicht verlängert worden) in 62 Kartons verstaut und bei einem Spediteur eingelagert. Die Kosten dafür wollte es ersetzt haben. Der Streit zog sich über sieben Jahre hin und ist nun entschieden: Der Mitarbeiter muss die aufgelaufenen Kosten für die Lagerung nach den Grundsätzen der "Geschäftsführung ohne Auftrag" (§§ 677 ff. BGB) bezahlen (Urteil des VG Göttingen, 2.4.2014, Az. 1 A 18/12).

Krankenschwester veröffentlicht unerlaubt Fotos auf Facebook

23.6.2014 | Eine Krankenschwester arbeitete auf einer Kinderintensivstation und betreute dort ein Kind. Von diesem hat es unerlaubt Fotos auf Facebook, mit Kommentaren, veröffentlicht. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin. Wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied (11.4.2014, Az. 17 Sa 2200/13), hätte aber eine Abmahnung ausgereicht. Weder Kind noch Krankenhaus seien zu identifizieren gewesen. Die Veröffentlichungen waren außerdem gedacht, um andere für das Kind einzunehmen. Und schließlich habe die Krankenschwester die Bilder unverzüglich nach Vorhaltungen durch den Arbeitgeber entfernt. Die Kündigung war damit unwirksam. Also: Die unerlaubte Veröffentlichung verletzt zweifelsohne die Schweigepflicht, was zu einer (auch außerordentlichen) Kündigung führen kann. Allerdings nicht in jedem Fall. Auch hier sind, wie so häufig im Arbeitsrecht, die Interessen gegeneinander abzuwägen.

Unbezahlter Sonderurlaub: Gesetzlicher Urlaubsanspruch bleibt bestehen!

13.06.2014 | Die Klägerin war bei der beklagten Universitätsklinik seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach erfolglos von der Beklagten die Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011. Das Bundesarbeitsgericht hat dieses Verlangen jetzt bestätigt (Urteil vom 6.5.2014, Az. 9 AZR 678/12). Das Bundesurlaubsgesetz sehe keine Kürzungsmöglichkeiten für den Fall vor, dass das Arbeitsverhältnis ruhe. Zwar gebe es gesetzlich geregelte Ausnahmen. Die seien hier aber nicht einschlägig. So könne der Urlaub z. B. während der Elternzeit gekürzt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG).

BGH: Für Schwarzarbeit muss überhaupt nichts bezahlt werden

23.5.2014 | Wer schwarz arbeitet, der kann das vereinbarte Entgelt nicht einklagen. Unklar war bislang, ob man nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zumindest den "legalen Anteil" verlangen kann. Denn immerhin hat der Vertragspartner eine Leistung erhalten - und bezahlt diese nicht. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass man bei Schwarzarbeit noch nicht einmal ein Entgelt für das verlangen kann, um das der Vertragspartner bereichert ist (Urteil vom 10.4.2014, Az. VII ZR 241/13). Nur so könne man, so die Richter aus Karlsruhe, Schwarzarbeit effektiv eindämmen.

Arbeitgeber muss bei Schichteinteilung auf erkrankten Arbeitnehmer Rücksicht nehmen

9.5.2014 | Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf Beschäftigung, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden. Das hat vor kurzem das Bundesarbeitsgericht entschieden (Az. 10 AZR 637/13).

Praktikant nur zum Schein: 17.000 Euro Lohn nachträglich!

30.4.2014 | Ein Diskounter in Nordrhein-Westfalen hatte einen Bewerber als Praktikanten eingestellt. Da er diesen über acht Monate aber lediglich als Hilfskraft eingesetzt hatte, muss der Diskounter nun mehr als 17.000 Euro Lohn nachzahlen. Bei einem Praktikum sei es nämlich Sinn und Zweck, eine Tätigkeit kennenzulernen und zu erlernen. Im Vordergrund stünde der Ausbildungszweck. Und daran habe es gefehlt. So entschied das Arbeitsgericht Bochum mit Urteil vom 25.3.2014, Az. 2 Ca 1482/13.

Urteil: Krankenpflege im Universitätsklinikum keine selbständige Honorartätigkeit

17.4.2014 | Die Tätigkeit einer Fachkrankenpflegerin für Anästhesie in einem Krankenhaus stellt trotz Vereinbarung von freiberuflicher Honorartätigkeit eine abhängige Beschäftigung dar, die der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle einer Fachkrankenpflegerin aus Bochum, die mit dem Universitätsklinikum Essen eine Tätigkeit als Honorarkraft zu einem Stundensatz von 45 Euro vereinbart hatte. Auf der Basis dieser Vereinbarung arbeitete die Pflegerin regelmäßig von 7 bis 15:30 Uhr in dem Krankenhaus, überwiegend im Aufwachraum.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund ging im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens von einer abhängigen Beschäftigung aus und stellte die Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit fest.

Die hiergegen von der Fachkrankenpflegerin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht Dortmund bestätigte die Entscheidung der DRV Bund. Es liege nach den tatsächlichen Gegebenheiten eine abhängige Beschäftigung vor. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit nach Weisungen der pflegerischen Leitung und angestellter Ärzte erbracht. Sie sei in die Arbeitsorganisation des Universitätsklinikums und in das Patientenmanagement des Aufwachraums eingegliedert gewesen. Sie habe Arbeitsmittel und Dienstkleidung des Klinikums verwendet. Mit der Eintragung in den Dienstplan habe die zeitliche Verfügungsfreiheit der Klägerin geendet. Soweit der Honorarvertrag die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und ein Urlaubsgeld ausschließe, komme dem keine maßgebliche Bedeutung zu.

Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.10.2013, Az.: S 25 R 2232/12, rechtskräftig

Betriebsrat will Auskunft zu allen Abmahnungen - Bundesarbeitsgericht winkt ab!

28.3.2014 | Es besteht kein Auskunftsanspruch des Betriebsrates gegenüber dem Arbeitgeber, zu allen erteilten oder beabsichtigten Abmahnungen informiert zu werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Beschl. v. 17.9.2013, Az. 1 ABR 26/12). Es sei keine betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe des Betriebsrats ersichtlich, die die Vorlage aller Abmahnungsschreiben erforderlich machen könnte. Die Abmahnung sei individualrechtlicher Natur. Erst bei der Beteiligung im Rahmen einer Kündigung habe der Betriebsrat (jeweils im Einzelfall) Beteiligungsrechte.

Stellenanzeige mit Suche nach "Berufseinsteiger" ist diskriminierend

12.3.2014 | Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat darauf hingewiesen (Az. 13 Sa 1198/13), dass folgende Formulierung in einer Stellenanzeige nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz diskriminierend sein dürfte: "Sie sind Berufseinsteiger oder haben bereits ein bis zwei Jahre als ... gearbeitet". Pikanterweise hatte diese Anzeige eine Anwaltskanzlei geschaltet ...

Ausbildungsumlage in der Pflege darf nicht ohne Weiteres weitergegeben werden

5.3.2014 | Wie "Legal Tribune online" berichtet, hat das Landgericht Arnsberg klargestellt, dass die Kosten der Ausbildungsumlage in der Pflege nicht ohne Begründung an die Pflegebedürftigen weitergegeben werden dürften (Urt. v. 28.1.2014, Az. 3 S 90/13). Das beklagte Heim hatte im Juli 2012 die Ausbildungsumlage auf das Heimentgelt aufgeschlagen. Allerdings ohne die vorgeschriebene Fristen zu wahren und ohne die Erhöhung korrekt zu begründen. Nun muss das Heim dem Bewohner die aufgeschlagenen 1260 Euro zurückzahlen.

Sexuelle Belästigung einer Pflege-Schülerin: Außerordentliche Kündigung berechtigt!

10.2.2014 | Eine Schülerin (Auszubildende) wurde während der Frühschicht im Frühstücksraum, in dem sie sich mit einer männlichen Pflegekraft alleine aufgehalten hatte, von diesem auf ihre Oberweite angesprochen und gefragt, ob diese "echt" sei. Am folgenden Tag hat der Pfleger die Schülerin in einem Nebenraum in den Arm genommen, ihr an die Brust gefasst und versucht, sie zu küssen. Dieser Situation hat sich die Schülerin entziehen können. Dem Pfleger wurde außerordentlich und fristlos gekündigt. Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden hat (Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachen v. 6.12.2013, Az. 6 Sa 391/13). Es sei dem Arbeitgeber nicht zumutbar gewesen, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten. Insbesondere auch weil gegenüber Schülerinnen eine gesteigerte Fürsorgepflicht bestehe.

Betriebliche Altersversorgung: Arbeitgeber muss nicht aufklären

31.01.2014 | Ein Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf diesen Anspruch hinzuweisen. Dies hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden (Urt. v. 21.1.2014, Az. 3 AZR 807/11).

"Keine Ansprüche mehr": vorformulierte Klausel im Arbeitsvertrag ist unwirksam

22.1.2014 | Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, dann lassen sich manche Arbeitgeber sogenannte Ausgleichsquittungen vom Arbeitnehmer unterschreiben. Damit bestätigt der Arbeitnehmer zweierlei: Zum einen den Erhalt seiner Arbeitspapiere ("Quittung"). Und zum anderen erklärt er, keine Ansprüche mehr gegen den Arbeitgeber zu haben ("Ausgleichsklausel"). Ersteres ist harmlos, zweites sehr risikoreich. Deswegen hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil v. 24.9.2013, Az. 1 Sa 61/13) eine derartige Ausgleichsquittung als unwirksam erachtet. Und zwar dann, wenn ein solches Papier für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert ist. Dann gilt es nämlich als Allgemeine Geschäftsbedingung und darf den Arbeitnehmer nicht "unangemessen benachteiligen". Das tut diese gefährliche Kombination von Quittung und Ausgleichsklausel aber. Deswegen ist sie unwirksam.

Kündigung wegen HIV-Infektion kann diskriminierend sein

6.1.2014 | Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, als behindert im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gilt. Chronische Erkrankungen könnten zu einer Behinderung führen, weil eine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, beeinträchtigt sein kann. Die gesellschaftliche Teilhabe von HIV-Infizierten ist typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen sind. Das bedeutet: Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines solchen Arbeitnehmers in der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wegen einer HIV-Infektion, so ist die Kündigung im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen kann. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2013, Az. 6 AZR 190/12)

Kündigung bei tragischem Schwangerschafts-Ende: Entschädigung!

20.12.2013 | Verstößt ein Arbeitgeber mit einer Kündigung gegen das Mutterschutzgesetz, dann kann dies auch eine Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Folge haben und einen Schmerzensgeldanspruch auslösen. Das hat das Bundesarbeitsgericht kürzlich in einem dramatischen Fall entschieden.

Im Kleinbetrieb der beklagten Arbeitgeberin galt zwar nicht das Kündigungsschutzgesetz, für die schwangere Klägerin bestand jedoch der besondere Kündigungsschutz nach § 9 MuSchG.

Anfang Juli 2011 wurde aus medizinischen Gründen zudem ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG für die Klägerin ausgesprochen. Die Arbeitgeberin wollte, dass die Klägerin dieses ignoriert. Dem widersetzte sich die Klägerin jedoch. Am 14. Juli 2011 wurde festgestellt, dass die Leibesfrucht der Klägerin abgestorben war. Für den damit notwendig gewordenen Eingriff wurde die Klägerin ins Krankenhaus einbestellt. Sie unterrichtete die Arbeitgeberin von dieser Entwicklung noch am gleichen Tag und fügte hinzu, dass sie nach der Genesung einem Beschäftigungsverbot nicht mehr unterliegen werde. Die Arbeitgeberin sprach umgehend eine fristgemäße Kündigung aus und warf diese noch am 14. Juli in den Briefkasten der Klägerin ein. Dort entnahm sie die Klägerin nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus am 16. Juli 2011.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen hatte, bestätigt. Die Klägerin wurde wegen ihrer Schwangerschaft von der Beklagten ungünstiger behandelt und daher wegen ihres Geschlechtes benachteiligt, § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG in Verbindung mit § 1 AGG. Dies ergibt sich nach Ansicht der obersten Arbeitsrichter schon aus dem Verstoß der Beklagten gegen das Mutterschutzgesetz. Da Mutter und totes Kind noch nicht getrennt waren, bestand noch die Schwangerschaft im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Auch der Versuch, die Klägerin zum Ignorieren des Beschäftigungsverbotes zu bewegen und der Ausspruch der Kündigung doch vor der künstlich einzuleitenden Fehlgeburt indizieren die ungünstigere Behandlung der Klägerin wegen ihrer Schwangerschaft. Der besondere, durch § 3 Abs. 1 AGG betonte Schutz der schwangeren Frau vor Benachteiligungen führt jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden auch zu einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG. Dies ist unabhängig von der Frage zu sehen, ob und inwieweit Kündigungen auch nach den Bestimmungen des AGG zum Schutz vor Diskriminierungen zu beurteilen sind. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.2013, Az. 8 AZR 838/12.)

Bundesarbeitsgericht: Weihnachtsgeld trotz Kündigung!

14.12.2013 | Ein Arbeitnehmer kündigt Ende September 2010 sein Arbeitsverhältnis. Er möchte aber anteilig sein Weihnachtsgeld haben. Die ersten beiden Instanzen haben es versagt. Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitnehmer die Gratifikation aber zuerkannt.

Der Kläger war seit 2006 bei der Beklagten beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnet. Eine Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Die Beklagte übersandte jeweils im Herbst eines Jahres ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem "Richtlinien" der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es u.a., die Zahlung erfolge "an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis" befänden; Mitarbeiter sollten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer erhielten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30. September 2010. Mit der Klage hat er anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt. Die Sonderzahlung soll nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, dient aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen - wie die in den Richtlinien vereinbarte - unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen.

Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des